Ein Jahr nach dem Mord an die chinesische Studentin Yangjie Li in Dessau, fand eine Gedenkveranstaltung an der Hochschule statt.

Am Seminarplatz – Campus der Hochschule

12. Mai. Ein Datum, welches in Dessau wohl immer in Erinnerung bleiben wird. Trauriger Weise. Vor einem Jahr wurde die chinesische Studentin grausam ermordet. Kurz nach der Tat wurde von den Studenten kurzfristig „Jogging in memory for Yangjie Li“ organisiert. Nach 49 Tagen eine Gedenkveranstaltung am Marktplatz.

Nun, genau ein Jahr nach der Tag, wollten viele erneut an Sie erinnern. Dies ist Tradition in China. Erneut traten sich die vielen Mensch am Seminarplatz. Den Campus der hiesigen Hochschule, mit ihren talentierten Studenten*in aus der ganz Welt. Heute begleitet mit klassischer Musik zu diesem traurigen Anlass.

Der Himmel über dem Campus war strahlend blau. Es sind viele zu Gedenkveranstaltung gekommen. Auch viele mir bekannte Gesichter. Vermutlich sogar Studenten*in aus der Hochschule in Bernburg. Kein Weg war heute zu weit. Kein Weg zu steinig. Und wie letztes Jahr, kam auch heute viele im schwarzen Anzug. Und einige hatten sich eine symbolische weiße Rose aus Papier am Kragen angesteckt.

Auch promimente Gesichter sprachen vor den Anwesenden: Ministerpräsident Reiner Haseloff, Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras und auch Hochschulpräsident Jörg Bagdahn und Qinhua Zhao, Gesandter-Botschaftsrat der chinesischen Botschaft.

Es wurde gesagt, dass die Täter bestraft werden. Und ich sah neben mir jemanden mit dem Kopf nicken. Ein anderer sprach davon, dass die Täter Ihre gerechte Strafe erhalten werden. Und aus den Reihen der Trauernden sagte jemand: „Höchststrafe!“. So laut, dass es wohl auf dem ganzen Campus zu hören war. Ohne Lautsprecher und Verstärker. Und man sprach davon, dass man das Stadtbild nicht den Verrückten überlassen darf.

Jeder Redner legte eine weiße Rose zum Bild von Yangjie Li, welche neben dem Pavillon stand. Sichtbar für alle. Das Foto mit ihrem sanften Lächeln. Zum Schluss konnte jeder eine weiße Rose hinlegen. Es dies taten viele. Einige waren noch frisch verpackt.

Ich wurde dann angesprochen, ob ich der chinesische Blogger in Dessau sei. Der schon mal über Yangjie Li geschrieben hat. Er wusste den Namen des Blogs nicht, aber es ist doch sehr wahrscheinlich, dass ich derjenige bin, den er meint. Und er fand es gut, was ich voriges Jahr geschrieben hatte.

An unseren Sonnenschein Yangjie Li.

Nach den Gedenkreden wurde das Foto von Yangjie Li sorgfältig zum Tatort gebracht und erneut aufgestellt. Dort wo die Polizei ihre Leiche gefunden hatte. Dort wo auch die weiße Rose gepflanzt wurde, zur Erinnerung an sie.

An dieser Stelle wurde dann der Brief der Eltern an ihre ermordete Tochter vorgelesen. Auf Chinesische und auf Deutsch. Der Brief auf Chinesisch wurde von einer chinesischen Studentin vorgelesen und die deutsche Übersetzung von einem deutschsprachigen Studenten.

Wir haben Obst für dich eingekauft… Hast du sie erhalten?

Viele lauschten. Viele hörten gespannt zu und viele weinten oder hatten Tränen in den Augen. So wie ich. Ich musste schon am Anfang kurz inne halten.

Ein Jahr später, wir wissen nicht weiter. Wir haben dir so viel zu sagen.

Ich wurde auch hier von einem älteren Mann überrascht angesprochen, den ich vorher schon war genommen hatte. Er war vermutlich schon Rentner oder kurz davor. Er hatte weiße Haare und trug eine Brille. Er hielt in seiner linken Hand einen kleinen Blumenstrauß mit einer weißen Rose. Er hatte einen goldenen Ehering. Er fragte mich, ob ich die Blumen für ihn zum Schluss dort hinlegen kann. Ich versprach ihm dies für ihn zu tun und er bedankte sich freundlich.

Jedes mal, wenn wir dein Zimmer aufräumen, fangen wir an zu weinen.

So fotografierte und dokumentiere ich mit einem Blumenstrauß in der linken Hand und die Kamera in der rechten Hand. Und hörte weiter, wie der Brief vorgelesen wurde. Es war still. Ich höre die Vögel zwitschern und tobende Kinder in einem nahen Kindergarten. Während der Brief noch auf deutsch vorgelesen wurde, stand die chinesische Studentin, die den Brief auf chinesisch vorgelesen hatte, daneben. In der prallen Sonnen. Regungslos mit gesenktem Kopf in ihrem schwarzen Kleid. Und in der prallen Sonnen zu stehen, war nicht angenehmen und der Brief war lang. Aber sie hielt es aus.

Du hättest eigene Kinder haben können. Ein eigenes Haus.

Während der Brief weiter vorgelesen wurde, legten Studentinnen Obst zum Foto von Yangjie Li und zündeten 3 Kerzen an. Und als der Brief zum Ende kam, wurde der Brief dann verbrannt. Die trauernden Besucher legten ihre Blumen – hauptsächlich weiße Rosen nieder und ich ebenfalls.

Die Asche vom verbrannten Brief verflog im Wind. Die Vögel zwitschern weiter. Die Kinder spielen weiter. Und am Ende, hat Yangjie Li doch noch den Obst erhalten, die Ihre Eltern für Sie gekauft hatten.

Fotos.

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Jing Zhou
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